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Studiengebühren schrecken ab – Prognosen von Gebührengegnern bewahrheiten sich

Der Arbeitskreis Studiengebühren der Universität und Pädagogischen Hochschule Heidelberg hat eine Pressemitteilung zur abschreckenden Wirkung von Studiengebühren herausgegeben, die ich hier dokumentieren möchte:
Was sich in Berechnungen des Arbeitskreis (AK) Studiengebühren für die Universität Heidelberg schon im vergangenen Sommersemester andeutete, hat sich jetzt bundesweit bestätigt: trotz steigender Abiturientenzahlen, sinkt die Zahl der Studienanfänger.

Maßgeblicher Faktor dafür ist die Einführung von Studiengebühren in den CDU-regierten Bundesländern.

Gerade bei Jugendlichen aus bildungsfernen Schichten haben die Studiengebühren zu einer großen Verunsicherung bezüglich der Aufnahme eines Studiums geführt. Angesichts nur zögerlicher Erhöhung der BAFöG-Sätze bei gleichzeitigem Anstieg der Lebenshaltungskosten, der Begrenzung der Auszahlung des Kindergeldes auf 25 Jahre und Einführung von allgemeinen Studiengebühren, die zusammen mit Verwaltungsgebühren (103,80 €) und Semesterticket (119 €) in Heidelberg knapp 750 € im Semester zusätzlich bedeuten, hatte sich die finanzielle Belastung finanziell schwacher Schichten schon angedeutet. „Sowohl Wissenschaftsminister Peter Frankenberg, als auch die Universitätsleitung in Heidelberg, haben gebetsmühlenartig argumentiert, die Gewährung von Darlehen zur Zahlung der Studiengebühren, wäre ‚sozialverträglich’ und gewährleiste, dass niemand wegen Studiengebühren vom Studium abgehalten würde. Was wir vom AK Studiengebühren schon von Beginn an prognostiziert haben und sich im Universitätsalltag beobachten ließ, ist nun auch statistisch erwiesen: Studiengebühren halten junge Menschen vom Studium ab.“, so Michael Kolain vom AK Studiengebühren. Erst vor kurzem wurden die Zinssätze für Studiendarlehen bei der bundeseigenen KfW aufgrund der Finanzkrise erhöht und auch der Zinssatz des Darlehens der L-Bank Baden-Württemberg ist hoch. Michael Kolain: „Dass die Aufnahme eines verzinsten Kredits mit der Aussicht auf einen angespannten Arbeitsmarkt große Überwindung kostet, liegt doch eigentlich auf der Hand. Wer will schon verschuldet eine Familie gründen? Aus unserer Sicht ist die Finanzierung von Bildung ausschließlich hoheitliche Aufgabe und keine individuelle Investition, denn gebildete Menschen kommen doch der gesamten Gesellschaft zugute!“

Zusätzlich bringt die unter Verschluss gehaltenen Studie die Befürworter von Studiengebühren nicht nur politisch, sondern auch verfassungsrechtlich in die Bredouille. Im „Studiengebühren-Urteil“ von 2005 hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nicht etwa Studiengebühren allgemein für verfassungsrechtlich zulässig erklärt, sondern nur klargestellt, dass die Einführung von Studiengebühren in der Kompetenz der Länder liegt und somit nicht durch ein Bundesgesetz verboten werden kann. Vielmehr heißt es in dem Urteil vom 26.01.2005 (Aktenzeichen 2 BvF 1/03) „[Es] ist davon auszugehen, dass die Länder in eigenverantwortlicher Wahrnehmung der sie treffender Aufgabe zu sozialstaatlicher, auf die Wahrung gleicher Bildungschancen bedachter Regelung bei einer Einführung von Studiengebühren den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise angemessen Rechnung tragen werden. Zwar kann trotz alledem nicht ausgeschlossen werden, dass Einzelne durch Studiengebühren unausweichlich und in überdurchschnittlich hohem Maß belastet werden. Die nicht näher quantifizierte Möglichkeit derartiger Fälle rechtfertigt zumindest derzeit kein Eingreifen des Bundesgesetzgebers [...]“ (Zitat: Randnummer 72 des Urteils).

Dass den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise nicht Rechnung getragen wird, bestätigt die HIS-Studie und liefert gleichzeitig die geforderte „näher quantifizierte Möglichkeit“ zur sozialen Schädlichkeit von Studiengebühren. Die nun vorliegenden empirischen Erkenntnisse zeigen, dass die Rechtswirklichkeit mit Studiengebühren, den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Karlsruhe nicht standhalten.

„Studiengebühren sind verfassungswidrig! Sie widersprechen den sozialstaatlichen Vorgaben zur Schaffung gleicher Bildungschancen, halten junge Menschen vom Studium ab und verstärken die schon vorhandene soziale Selektion im deutschen Bildungssystem.“, fasst Michael Kolain zusammen.

Dass die deutschen Universitäten schon lange unterfinanziert sind, steht außer Frage. Nun sind jedoch die politisch Verantwortlichen gehalten zu entscheiden: Wird nun Steuergeld in die Hand genommen um bessere Bildung für alle zu gewährleisten oder soll es mit Studiengebühren zu Lasten einkommensschwacher und bildungsferner Schichten und im Widerspruch zur Verfassung weitergehen?

Eigentlich ein gutes Thema für den Bildungsgipfel am Mittwoch in Dresden, das sich die Bundesregierung aber offensichtlich lieber sparen wollte. Nur dadurch ist die Geheimhaltung der Ergebnisse durch Bildungsministerin Schavan (CDU), vormals als Wissenschaftsministerin in Baden-Württemberg Fürsprecherin von Studiengebühren, zu erklären.

„Wir fordern die Abschaffung von Studiengebühren, wie es in Hessen bereits geschehen ist. Das bildungspolitische Experiment ‚Studiengebühren’ ist schief gegangen. Es ist an der Zeit, dies einzugestehen und endlich wahr zu machen, was schon seit Jahren gefordert wird: eine gute und kostenlose Bildung für alle Bevölkerungsteile!“, so Michael Kolain vom AK Studiengebühren Heidelberg abschließend.

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