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Hessenwahl-Nachlese

Ich spare mir selbst eine ausführliche Hessenwahlanalyse und kommentiere stattdessen lieber einige schon bestehende exemplarisch:

Meedia schreibt Belanglosigkeiten, der Artikel wirkt wie auf die Schnelle und ohne politisches Wissen zusammengeschustert. Wenn dann auch noch völlig Falsches behauptet wird, nämlich dass Westerwelle rege getwittert habe, dann weiß man, was man von diesem Artikel zu halten haben muss: nichts. Die reinen Zahlen, nämlich dass TSG weit über 1000 Follower gewinnen konnte und damit wahrscheinlich in den nächsten deutschen Twitter-Charts landen wird, ignoriert der Autor und bemängelt stattdessen, dass es in dessen Tweets an politischen Inhalten gefehlt habe. Und dass Kai Klose (wer?) mehr politische Inhalte gewittert habe - aber offenbar ohne Resonanz.


Eine gute Zusammenfassung des Online-Wahlkampfes liefern die Jungs von Homo Politicus: wirklich erstaunlich, wie ausführlich und kenntnisreich hier berichtet wird. Der Schlussfolgerung kann ich zustimmen: der Wahlkampf war schlichtweg zu kurz für eine richtige Online-Kampagne.

Jan Filter hat recht festzustellen, dass dieses Wahlergebnis kein Vorgeschmack auf den Bundestagswahlkampf ist. Erstaunlich ist meiner Meinung nach, dass die FDP mit ihrer Rolle als reiner Protestpartei zufrieden ist. Erst in Bayern, nun auch in Hessen.

Auch sehr eindrücklich in diesem Zusammenhang: die Darstellung des Ergebnisses inklusive Nichtwähler, präsentiert von Markus Ritter.

Die beste Live-Wahlberichterstattung seit langem liefert Stephan Hebel in der FR. Grandios, wie er das mehr als absurde Ergebnis auf die Schippe nimmt.

Meine Conclusio: die hessische SPD hat verloren. Völlig klar. Aber auch Roland Koch hat nicht gewonnen: in absoluten Zahlen hat die hessische CDU im Vergleich zum letzten Jahr noch weitere Wähler verloren. Das ist ein unfassbar schlechter Wert für einen Amtsinhaber. Die Grünen konnten ihr Potenzial voll ausschöpfen, während die FDP lediglich vom ungeliebten Koch profitiert. Eigene Inhalte hat sie schließlich nicht, insofern konnte sie auch nicht wegen dieser gewählt werden. Die Linkspartei hat von der geringen Wahlbeteiligung profitiert und ist infolgedessen gerade so noch in den Landtag geschlittert.

Lehren aus Hessen für meine Partei?
  1. Keine Koalitionsmöglichkeiten vor der Wahl ausschließen.

  2. Die unterlegene Seite (in Hessen waren das Walter et. al.) einbinden, nicht vernichten.

  3. Konsequent auf Internetwahlkampf setzen. Nicht abschrecken lassen von diesem Ergebnis - wer weiß, wie es ohne TSG und die engagierte Online-Kampagne ausgefallen wäre.

Thorsten Schäfer-Gümbel wünsche ich alles Gute. Er hat nun die undankbare Aufgabe, die hessische SPD für den Europa- und Bundestagswahlkampf wieder kampagnenfähig zu machen.

Bild: Wikipedia

PS: Danke an Joachim vom A-Team, der mich darauf hingewiesen hat, dass die dimap-Wahlanalyse bereits vorliegt; die Zahlen sprechen für sich, ich zitiere den Analysebericht der Friedrich-Naumann-Stiftung:
Nach der Wählerwanderungsanalyse von Infratest dimap hat die CDU Wähler nur an die FDP
verloren (-93.000), während sie von den anderen Parteien hinzugewonnen hat. Insgesamt hat die CDU gegenüber der Landtagswahl 2008 im Saldo rund 44.000 Wähler verloren.
Die SPD hat vor allem Wähler an die Grünen verloren (-122.000), aber auch an CDU (-36.000) und FDP (-31.000) und auch, wenn auch in geringerem Ausmaß, an Die Linke (-8.000). Weitere 192.000 frühere Wähler wanderten in das Lager der Nichtwähler ab. Im Saldo verlor die SPD rund 390.000 Stimmen.
Die FDP gewann hauptsächlich von der CDU (+93.000), aber auch von der SPD (31.000), und konnte 30.000 bisherige Nichtwähler binden. Leichte Verluste gab es nur an die Grünen (-1.000). Insgesamt gewann die FDP rund 163.000 Stimmen dazu.
Die Grünen gewannen fast ausschließlich von der SPD (+122.000), nur geringe Zugewinne gab es von CDU (+3.000), FDP (+1.000) und Linken (+1.000).Insgesamt gewannen die Grünen rund 150.000 Stimmen hinzu.
Die Linke hat von der SPD hinzugewonnen (+8.000), aber an die Grünen (-1.000) und an die Nichtwähler kräftig (-16.000) verloren und verlor im Saldo 4.000 Stimmen gegenüber dem Ergebnis von 2008.
So misstrauisch man diesen Wählerwanderungsanalysen gegenüber auch sein sollte: in diesem Fall scheint sie mir recht treffend zu sein.

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